Der Schrank

Das ist ein Forum, dessen Inhalt absolut nichts mit Laverda zu tun hat! Hier kann man übers Wetter quatschen oder wie die Aktienkurse stehen... ;-)

Moderator: Jürgen W.

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Propeller
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Der Schrank

Beitrag von Propeller »

Der Schrank

Was in der guten Stube die Glotze oder in der Kirche der/die/das Tabernakel, ist in der Garage der Werkzeugschrank. Aus diesem Schrank nährt sich auch der Laverdafahrer. Wir alle kennen die alten verstaubten und windschiefen Gebilde. Während der durchlaufenden Motorradgenerationen hat sich mehr und mehr angesammelt. Doch schon lange bietet er keinen Platz mehr fürs Wesentliche – das Werkzeug.

Jetzt ist es natürlich nicht so, dass man diesen Inhalt einfach auf den Müll kippen kann, denn er ist gefüllt mit unwiederbringlich wichtigen Dingen: Die noch zu zweidrittel gefüllte Dose Bleimeninge mit der ich 1977 den Rahmen meiner 250er Honda veredelt hatte, oder das Dutzend 300er Rinnenträgernägel – leicht angerostet – viel zu Schade zum wegwerfen. Und hier – der nur wirklich leicht gebrauchte Unterbrecherkontakt der 75/5, nicht zu vergessen, 9 originalverpackte(!) Zündkerzen für die CB 750 K6 usw. Ich sag nur: W E R T E !

Neulich war ich bei OBI. Ihr wisst schon, so ein Laden bei dem das Personal ständig auf der Flucht ist, 1 Million Produkte in den Regalen aber unfähig ein EDV- gestütztes Artikelverzeichnis anzubieten. Vermutlich ist das so gewollt. Reflexmäßig führt mich mein Gang durch den mit Werkzeug aller Art gepflasterten Mittelflur. Und da hängt er: Der Schrank.

Das Outfit in dezentem moosgrünem Hammerschlaglackimmitat. Geschätzt 1,2 Meter lang und 60 cm hoch. Die Rückwand innen präsentiert sich beim öffnen als praktische Lochblechwand. Und der Preis: Reduziert! Absolut schwäbisch! 28,- Euro!

Die Lage im Geldbeutel gecheckt und das Teil sofort, handlich verpackt wie bei IKEA, aus dem Regal gezerrt. Aber was ist das? Fast federleicht kommt es mir aus dem Regal entgegen gerutscht. Drei Kilo. Höchstens. Natürlich vergleiche ich sofort die Artikelnummer und Preis. Stimmt alles. Die Katonverpackung ist ohne Makel. Erstaunlich. Ich klemm mir das Paket untern Arm und gehe noch mal zum Musterschrank, traue mich dann aber doch nicht das Teil abzuschrauben um das Gewicht zu vergleichen. Also zur Kasse.

Mit treuem Wimpernaufschlag schaut mich das Mädel mit dem Scanner in der Hand an und fragt mit quietschiger Stimme: „Zahlen Sie mit Playback-Karte?“. Meine Frage: „Nehmen Sie auch Geld?“, wird geflissentlich ignoriert. Schrank und 28,- Euronen wechseln die Besitzer.

Zu Hause in der Garage angekommen, öffne ich vorsichtig den Karton. Man weis ja nie, vielleicht muss man das Ding ja wieder einpacken. Vorsichtig schüttle ich den Inhalt auf den Garagenboden. Sieht gut aus; und alles federleicht. Ein Pack- Kontrollzettel fällt mir entgegen. Blau abgestempelt mit chinesischen Schriftzeichen und einem rotem Stempel mit den Buchstaben „Li“. Soweit ich weis ist der Name Li in China etwa so selten wie bei uns Müller.

Beim Betrachten der mitgelieferten Explosionszeichnung für den Zusammenbau, trete ich versehentlich auf eine der drei Türelemente. Resultat: die Abkantung zur Stabilisierung ist platt. Eigentlich sehe ich mich schon in Gedanken mit der Flachzange das Blech (noch sag ich Blech) wieder in seine ursprüngliche Form zurückzubiegen. Doch während ich das Teil in die Hand nehme, bemerke ich, dass es dem leichtesten Druck nachgibt. Ohne Anstrengung lässt sich das Material in jede gewünschte Form biegen. Ist es überhaupt Metall?

Magnet gesucht – angelegt – hält. Na ja, ein bisschen wenigstens. Während ich jetzt dabei bin aus den Zargen, Türelementen und Schrauben einen Schrank zu montieren, überlege ich mir, wie kann das halten? Wird beim hineinlegen eines 2 Kilo-Hammers an der Stelle nicht sofort eine Delle entstehen? Ist vielleicht das Grundmaterial aus Bastblättern und nur in eine eisenspanhaltige Farbe getaucht?

Doch das überaus geschmeidige Material ist notwendig. Anders ließen sich die vernickelten M3- Schrauben (nicht magnetisch) gar nicht in die winkligen Ecken einsetzen. So biege ich einfach Falz und Kanten mit dem Daumen flach, stecke die Schraube rein, lege das ebenfalls flachgebogene Gegenstück dazu, schraube es bequem zusammen und biege es wieder hin bis es passt. Herr oder Frau Li hätten es bestimmt nicht anders gemacht. Doch da kommt mir ein schweißtreibender Gedanke in den Sinn: Vielleicht ist bei denen das Werkzeug ebenso gewichtsoptimiert? Hat mich OBI reingelegt? Muss ich jetzt auch das asiatische Werkzeug kaufen? Umtauschen kommt mir in den Sinn.

Betrachte ich meine Biegearbeit etwas genauer, finde ich den Schrank eigentlich gar nicht schlecht. Zumindest wird er mir, gewichtsmäßig betrachtet, nicht die Garagenwand einreisen. Nicht zu vernachlässigen die spielerische Montage. Bequem mit zwei Fingern hebe ich den Schrank (1,2 x 0,6 x 0,25 Meter) hoch und drücke ihn – ganz vorsichtig – gegen die Wand. Zwei Haken sind mitgeliefert. Hängt. Suuper! Jetzt, Gewichtstest.

Aus meinem etwa 22 Kilogramm schweren Werkzeugkoffer nehme ich einige schwere Brocken und lege sie ins Schrankmittelteil. Mein Schnäppchen gibt sich elastisch. Wieder erwarten reisen die Haken nicht aus. Nach dem ich alles aus der Werkzeugkoffer in und auf dem Schrank platziert habe hält er immer noch. Zugegeben alles was sich biegen kann biegt sich – aaaber er hält!

Schrank wieder leergeräumt abgehängt und geradegebogen. Wieder aufgehängt und zur Stabilisierung eine Leiste unter den Schrank geschraubt, so dass er sich darauf aufstützt. Die Haken verhindern jetzt nur noch dass er nach vorne kippt. Ich bin Begeistert. Liegt hier vielleicht des Rätsels Lösung wenn es in den asiatischen Weisheiten immer so schön heißt, weniger ist mehr? Ich weis es nicht. Inzwischen sind schon einige Monate vergangen und der Schrank hält immer noch.
Propeller Bernhard
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Peter Ostermeier
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Re: ...ein Kleinod, deine Geschichte!

Beitrag von Peter Ostermeier »

Hallo Bernhard! (Du bist der mit der schwarzen 750er mit den vielen Aufklebern drauf, oder?)

...habe mich sehr amüsiert beim Lesen deiner Geschichte!

lg Peter
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Jörg SF1
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Re: ...ein Kleinod, deine Geschichte!

Beitrag von Jörg SF1 »

Hi Peter,

genau der Bernhard ist es.Der mit dem Aufkleber am Rahmendeckel rechts "Eine Atombombe kann einem den ganzen Tag versauen" :lol:
M.do.G.
Jörg

Geschwindigkeit ist die Summe aus viel Gas und wenig Bremse.:-)
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