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RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 04.10.2012, 17:53
von hanneszwo
Hallo,
der Kilometerstand ist 88000 was ist bei dieser Laufleistung alles
fällig, ich neige immer stärker dazu den Motor erst mal zu zerlegen.
Wie siehts mit der Haltbarkeit von Zylinderkopf, Kurbelwelle, Kupplung
und Getriebe aus?
Was ich bis jetzt so mitbekommen habe sind die Schwachpunkte Kupplung
und Anlasserfreilauf.
Ich denke Steuerkette, Primärkette und evtl die Führungschienen dazu
währen zu erneuern.
Einen Motordichtsatz inklusive Ventilschaftdichtungen und Simmerringe
ist dann eh fällig.
Ist die Orginale Ölpumpe zu schwach, da ich schon öfter Angebote für
eine breitere Ölpumpe gesehen habe?
Ein Vergaserhandbuch habe ich mir auch schon bestellt.
Die Ansaugstuzen da ist zumindest der Mittlere schon rausgerissen.
So jetzt gehe ich mal die Auspuffanlage abbauen.

Gruß Hannes

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 04.10.2012, 20:43
von Jörg SF1
Hallo Hannes,
also bei der Laufleistung und wenn man nicht weiss was der/die Vorbesitzer event. schon gemacht haben und ungewisser Historie (können ja auch 188000km sein) bleibt Dir nur eins...Motor auf. Wenn einzelne Ventile Spiel gegen Null haben ist eine Kopfüberholung fällig. Dann Zylinder/Kolben vermessen und event. tauschen. Kurbelwelle und deren Lager stehen bei der Laufleistung unter Umständen auch schon auf dem Zettel.Muss nicht aber kann sein...je nach dem wie sie gepflegt und wie oft das Öl gewechselt wurde.
Wenn alles gemacht werden muss vom Kopf bis zur KW dann rechne mal grob 3500€ plus minus.....
Ach ja die Nockenwellen sollten dann auch mal auf Pitting geprüft werden. Event. neu schleifen und nitrieren.

Was vielleicht noch anliegen könnte sagen Dir hier bestimmt die 3 Zylinder-Treiber....ich fahr ja nur den "richtigen" Motor mit 2 Zylinder :twisted: ............ohje gleich kommt Lothar und haut mich wieder :lol:

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 04.10.2012, 21:22
von hanneszwo
Hallo Jörg,
die 88 Tkm sind echt, ich kenne den Vorbesitzer.
Hab vorhin malnoch die Auspuffanlage demontiert und die Zylinder mit Caramba geflutet.
Die Ventile von zwei Zylindern haben Flugrost an den Dichtflächen,
die Entscheidung ist gefallen.
Erst mal den Motor ausbauen und einen Kopf kürzer machen.
Danach wird er dann in alle Einzelteile zerfallen :-))
Das hatte ich zwar eh vor, weil die Kopfdichtung schon sichtlich geschwitzt hab, aber vorher hätte ich ihn schon noch mal gerne laufen hören.
Das das RGS Vergnügen nicht ganz billig wird hab ich von vornherein vermutet.

Gruß Hannes

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 04.10.2012, 21:34
von piet
Hannes,

Bei knapp 90000km sind bestimmt die Kolben fällig. Auch wenn sie vom Laufbild noch einwandfrei aussehen, und das tun sie meistens, sind sie doch meistens hin... der obere Kolbenring hat meist seine Nut so weit ausgebaggert dass der Motor zur Ölpumpe wird sobald die Drehzahl 6000 überschreitet. Die Ölpumpe dagegen ist bereits die Grösste die sereinmässig in den Breganze Drillinge verbaut wurde. Sölange es keine grosse Motorschäden bis dahin gab, sind die Pumpen beinahe unverwüstlich.

Ein (fast)sicheres Indiz für den Zustand des Kopfes sind die montierten Ventilshims. Sind diese im Bereich 2,30 - 270mm, ist noch eine Menge Leben drin. Sind sie kleiner, kann man davon ausgehen dass schon eine Menge dran gefummelt worden ist bzw die Ventilsitzes und/oder die Ventile verschlissen sind. Schleifspuren am Ventilschaftende zeugen von gekürzten Ventilen, eine gern genutzte Pfuschmethode um die Ventile wieder ein wenig einstellen zu können. Hier bleibt nur eine Komplettrevision des Kopfes die einzig vernünftige Lösung, soll das Motorrad wieder artgerecht bewegt werden. Nockenwellen und Stössel sind meist Problemlos, sofern immer mit korrektem Ventilspiel gefahren worden ist. Nockenwellenlager sind oft zerbastelt, manche kann man retten, manche nicht... siehe auch den Zustand der M8 Gewinde im Zylinderkopf für die Lagerbefestigungen.

Kurbelwelle und Getriebe geben selten Anlass zur Kummer, einzig das Nadellager der Hauptwelle im 5. Gangrad ist schon mal übern Jordan, dann auch meist die Hauptwelle und 5. Gang dazu. Meistens weil die Antriebskette zu stramm gespannt wurde, eine 630er Kette gibt nicht nach... Die Kurbelwellen machen Laufleistungen von bis zu 200000km klaglos mit. Dann steht aber doch eine Revision an, alleine um den eigentlichen Ölfilter zu reinigen. Die Schleuderbleche versorgen die Pleuel mit frischem Öl, filtern es aber auch als es dadurch fliesst. Hierbei füllen sich die Bleche allmählich mit verschiedem Unrat und Abrieb, bis sie so voll sind dass kein Platz mehr für's Öl ist, dann sind auch die Pleuel ganz schnell hin! Ölwechselintervall ist 2500km, ein normales 20W50 Öl ist völlig ausreichend.

Den Vergasern solltest Du auf JEDEN Fall neue Nadeln und Nadeldüsen spendieren, dann sinkt der Verbrauch wieder in annehmbaren Regionen. Nach langer Standzeit sind die Beschleunigerpumpen Membranen hin, sowie das übrige Gummizeugs im Vergaser. Ein kompletter Dichsatz nebst Kleinteile wird unumgänglich sein. Dazu kommt noch das Spiel in dem Betätigungsgestänge. Die Bronzebuchsen sehen in ihrem Leben höchstens bei der Erstmontage etwas Schmiermittel, danach werden sie sich selbst überlassen, das Resultat sind ausgelaufene Buchsen sowie eingelaufene Wellen, eine saubere Synchronisierung ist damit unmöglich. Die serienmässige 85 Pferdchen der RGS sind im Normalfall völlig ausreichend, die Dellortos, solange sie in Ordnung sind, ebenfalls.

Die Bremsanlage braucht nach langer Standzeit ziemlich viel Zuwendung.
Die Dichtungen und Manschetten sind meist aufgequollen, die Kolben der Bremszangen verrostet (sofern nicht schon Alu Kolben nachgerüstet sind), und die originalen (Gummi)Leitungen sind lange über's Haltbarkeitsdatum. Auch hier ist eine Komplettrevision das einzig Wahre, schon alleine im Interesse der eigenen Sicherheit. Kupplungsnehmer- und Geberzylinder gehören auch dazu, wurde schon erwähnt.

Gabelöl, Standrohre und Dichtringe, Lenk- und Radlager bedürfen ebenfalls eine gründliche Inspektion. Am besten wird die Gabel komplett zerlegt und der Schmodder der letzten Jahrzehte ausgespült, danach funktionieren die meisten Gabeln wieder!

Last but not least, die Rahmen neigen schon mal zur Rissbildung an den Unterzügen, unmittelbar unter den Lenkkopf. Hier bitte genau nachschauen.

Eine RGS in GUTEM Zustand ist wirklich was extrem Feines, da fragt man sich schnell was die alle mit ihren GS Gummikuh Monster wollen!

piet

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 04.10.2012, 22:10
von Jörg SF1
:D Unser Piet...."die Schleuderbleche füllen sich mit verschiedenem Unrat"....Besser hätte man es nicht umschreiben können. Bild

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 04.10.2012, 22:28
von piet
Stimmt doch....:shock:

Was ich schon alles da drin gefunden habe! Abrieb von verschiedene Getriebebuchsen, Silikonbrocken die sich durch diverse Ölkanäle gequetscht haben(!), Kolbenstücke, ein Getriebezahnrad Bruchstück, usw, usw!

Schon mal gesehen wie ein trockengefahrener Laverdamotor von innen aussieht? Kann man sich kaum vorstellen wo die Brocken überall hin gelangen.

piet

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 04.10.2012, 22:57
von Hannes
Wow Piet, das ist eine Anleitung!
Überlege mir grade, alle deine Beiträge da rauszusuchen und ein neues Werkstättenhandbuch herauszubringen :)
Was dagegen? :wink:

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 04.10.2012, 23:13
von piet
Hannes,

Nix neues in meinen Beitrag, es wird nur sehr gerne sehr viel einfach verdrängt. Besser man ist im Klaren darüber was einen erwartet statt nach ein paar Wochen völlig desillussioniert aufgeben zu müssen... so wie die Karre auf dem Bild aussieht, kann das sehr schnell passieren!

Kannst schreiben, krieg nur ein Belegexemplar!:lol:

piet

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 05.10.2012, 07:19
von hanneszwo
Hallo piet,
ich werde die Tage den Motor erst mal ausbauen, und zerlegen.
Was wird normalerweise mit Zylinder und Kolben gemacht?
Neue Kolben und Ringe, falls die Laufbuchen noch gut aussehen?
Oder auf jeden Fall neu bohren und hohnen?
Gibt es eine deutsche Reperaturanleitung für die Drilling Motore?
Eine italenisch/englische hab ich schon runtergeladen.
Was ich bisher so gelesen habe ist es am besten die Kurbelwelle bzw.
die Ölleitbleche in Ruhe zu lassen oder?
Kann man das Radialspiel der Pleul mit einer 1/100 Messuhr mesen
und Rückschluss auf den Veschleiß ziehen?
Erst mal danke für die ausführliche Antwort, scheinst ja schon etlicher
solcher Revisonen durch zu haben.
Was mir gestern bei abbauen der Auspuffanlage aufgefallen ist,
vor allem die Krümmer und der 3 auf 2 verteiler sind äußerlich etrem
verrostet, aber die Substanz ist noch gut.

Gruß Hannes

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 05.10.2012, 07:40
von Laverdalothar
Die Schleuderbleche gibt es leider nicht neu (jedenfalls nicht in Deutschland und selbst wenn, hat kaum einer ein Werkzeug, um die anzubördeln...). Einer der wichtigsten und gleichzeitig Zeitaufwendigsten Arbeiten ist daher, die Bleche "auszukratzen". Riesen Arbeit, kann mal bei einer Kurbelwelle schnell ein ganzer Tag bei drauf gehen.

Kurbelwelle unangetastet lassen ist KEINE gute Idee bei der Laufleistung. Wie Piet schon geschrieben hat: Die Schleuderbleche dienen als Zentrifugal-Filter. Sie schützen die Pleuel-Lager vor Dreck und diversem "Unrat", in dem durch Zentrifugal-Kräfte dieser vom Öl getrennt und an den außeren Rändern innen abgelagert wird. Diese Schicht ist sehr hart und deswegen der Aufwand. Entfernt man das nicht, wächst wie ein Baumkuchen diese Schicht von außen nach innen zu, die Bohrung des Hubzapfens setzt sich zu und die Pleuel-Lager bekommen keine Schmierung mehr. Den Rest kannst Du Dir sicher denken.

Darüber hinaus sind viele Kurbelwellen "leicht" aus dem Takt und produzieren daher Unwuchten. Das kann durch minimalen Versatz der Verpressungen sein oder durch einen "Schlag" in der Welle. Piet zerlegt diese, säubert die Bleche, überarbeitet die Pleuel und prüft diese, ggf. Ersatz der Hubzapfen bzw. Lager, Zusammenpressen, richten und ggf. wuchten. Alles in allem ca. 1-2 Tage Arbeit plus Material. Kein billiger Spaß und neben dem Kopf einer der größten Kostenfaktoren am Motor.

Wenn Du jetzt aber denkst, dass Dir Piet den mal eben zwischendurch machen kann: hinten anstellen, bitte... :mrgreen:

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 05.10.2012, 09:57
von Jörg SF1
Hannes,
wenn Du Dir einzelne Dinge nicht zutraust kann ich Dir nur dringend empfehlen Das Du Dich mit Piet mal kurzschliesst. Er hat meinen Motor mit seinen magischen Händen 1994 oder 1995 (weiss es gar nicht mehr genau) gerichtet und seitdem bin ich gute 55tkm ohne Probleme gefahren. Ausser Ölwechsel und Ventilspiel kontrollieren brauchte ich am Block selber keinerlei Hand mehr anlegen.
Also lieber einmal richtig Richten ist auf Dauer billiger als nur hier und da was tauschen.
Wenn Du die RGS länger fahren willst als 1 oder 2 Saisons.....dann kontaktiere ihn.

Ich rate auch dringend davon ab einen Laverdamotor zu einem "normalen" Motoreninstandsetzer zu bringen (spreche da aus eigener Erfahrung) der noch nie einen Laverdamotor in den Fingern hatte. Bei so einem war mein Motor 1993 (da kannte ich Piet leider noch nicht)......hat nicht lange gehalten :cry:

Re: RGS Restauratin die Zweite

Verfasst: 18.10.2012, 10:38
von hanneszwo
Hallo,
es geht weiter, der Rahmen soll gestrahlt und gepulvert werden.
Welche Ral Nr. hat das orginale schwarz?

Nur mal als Zwischenstand:
Motor ist zerlegt sah nicht ganz so schlimm aus wie erwartet, man hätte
den mit frischen Öl schon noch mal laufen lassen können.
Es ist halt erst mal mehr Benzin als Öl im Motor gewesen.
Der Anlasserfreilauf ist völlig zerbrösselt, kaum zu glauben das sie damit
noch angesprungen ist.
Den Rotor haben sie schon mal ziemlich grob behandelt, da sind beim
Abziehversuch schon ein Teil der Magnete ausgebrochen und wieder
eingeklebt worden, falls noch jemand einen Rotor für ND übrig hat....
Vergaser sind vollig versift, die muss ich mal in Reiniger einlegen, und dann zerlegen und Ultraschall usw.
Bei der Gabel ist das Chrom der Standrohre schon an einigen Stellen leicht
abgeplatzt, die hab ich aber noch nicht weiter zerlegt.
Elektrik sieht nicht ganz so schlimm aus wie befürchtet.
Die Kontakte neu ankrimpen, die Kabel sind noch nicht übermässig von
Grünspann befallen.
Gruß Hannes