Es ist Zeit
Verfasst: 25.08.2010, 14:01
Es ist Zeit
Zunächst möchte ich vorausschicken, dass auch ich schon zwei BMW-GS-Modelle besaß.
1998/99 fuhr ich eine R 100 GS Solo und 2000/2001 eine 1150 GS als Gespann. Nie würde mir das heute noch in den Sinn kommen. Die Frage nach dem Warum wird sich weiter unten klären. Verständlich, so hoffe ich. Hier und im Jetzt ist es Zeit, Zeit für den
BMW-GS-Hasser-Artikel.
BMW hat es geschafft. Fast zumindest. Die Bayerischen Motorradwerke haben die eierlegende Wollmilchsau auf zwei Räder gebaut: Die BMW 1200 GS. Wird die BMW GS von Testern der Motorradpresse gefahren, strömen die Superlative nur so aus ihren Beiträgen heraus. Ebenso, wenn sich die allgegenwärtige BMW GS mit anderen Motorrädern im Vergleich messen muss. Keine kann es besser! Mir hängt es zum Hals heraus, ich kann es nicht mehr hören, mir wird's schlecht.
Natürlich schmiert BMW die Druckmaschinen der Buntblattpresse auch mit entsprechenden Werbeanzeigen. Dagegen kann man nichts sagen. Das ist ein normaler Vorgang, und wäre die BMW GS ein schlechtes Motorrad, würden auch die größten Anzeigenkampagnen nur mäßigen Erfolg haben.
Doch ihr fragt jetzt sicher, was will er denn? Dann hat doch alles seine Richtigkeit? Beileibe nicht! Kaum wage ich mich am Wochenende auf meine Leib-und-Magen-Strecken, kommen sie mir aufgehübscht, schön einheitlich und oft im halben Dutzend entgegen: Die BMW GSen. Die Fahrer: natürlich alles Individualisten. Auf Motorrädern mit untadeligem Motor und Super-Fahrwerk fahren sie dem Sonnenuntergang entgegen.
Vielleicht ahnt der eine oder andere schon, auf was ich hinaus will. Kann man kein Spießer sein, wenn man BMW GS fährt? BMW ist es gelungen, die Individualität in die Hirne der GS-Fahrer zu transformieren. Respekt! Ist das nicht zu bewundern, mit einem einheitlichen Produkt Individualität glaubhaft zu machen?
Top 10 Modelle Krafträder – bis Jan.-Juli 2010 (Quelle: KBA)
1. BMW R 1200 GS 4.524 Stück
2. Yamaha XJ6 1.819 Stück
3. Honda CBF 600 S 1.778 Stück
4. Kawasaki ER-6n 1.720 Stück
5. BMW S 1000 RR 1.705 Stück
6. Suzuki GSF 1250 BANDIT 1.663 Stück
7. BMW F 800 R 1.652 Stück
8. BMW F 650 GS 1.187 Stück
9. BMW F 800 GS 1.147 Stück
10. Suzuki SFV 650 GLADIUS 1.111 Stück
Im selben Atemzug des Lobes über das individuelle Erleben mit dem genialen Einheitsmotorrad BMW GS hört und liest man allerorten die bestürzende Klage: Die jungen Leute haben keinen Bock auf Motorrad. Schlimm, echt schlimm! Und warum?
1974, als ich begann, auf mein erstes Fahrzeug zu sparen, war dies kein Audi 50, Opel Kadett oder Ford Taunus. Ihr könnt es euch denken, es war ein Motorrad – von dem mir mein Vater dringend abgeraten hatte. (Heute sind die Spießerschaukeln der 1970er Kult.)
Nicht nur, dass die mustergültige BMW GS den Niedergang des Motorradinteresses massiv beschleunigt, es geht einher mit einem Verlust an erlebten Geschichten. Wo sind sie denn, die BMW-GS-Schraubergeschichten? Es ist die Frage nach dem Salz in der Suppe. Natürlich mag auch an der neuen BMW GS etwas kaputt gehen, doch der Motorrad-Fahrer, der jetzt Biker heißt, weiß in solch einem Fall bestenfalls zu berichten, dass er genau am Ort des Defekts in einem Funkloch stand und 300 Meter schwitzend auf einen Hügel klettern musste, um den ADAC zu kontaktieren.
So gesehen, steht die BMW GS für die ganze neue Generation von Motorrädern, die bestenfalls noch dazu taugt, die Gelenke alternder Motorradfahrer zu schonen. Ich finde, man sollte den Begriff „Rollator“ durchaus weiter fassen. Die Generation der 40- und 50jährigen hat bereits vor Jahrzehnten die erlebte Faszination beim Fahren im Kopf verankert, so dass sie meinen, mit der fantastischen BMW GS wäre es wie damals. Mitnichten! Es ist lediglich Erinnerung.
Ein Motorradanfänger (wenn er's denn wäre) hat keine Motorradvergangenheit. Bei den Jungen funktioniert das Erleben noch im Hier und Jetzt. Das ist der Grund, warum die schöne Welt der BMW GS für sie nur motorradgewordenes Spießertum mit alternden Säcken darstellt.
Gerade die älteren Motorradfahrer, die sich motorradmäßig eigentlich nichts mehr beweisen müssen (Ausnahmen bestätigen die Regel), sollten ihr Hirn und damit ihre Einstellung nicht schicksalsergeben auf der Kuschelsitzbank der BMW GS opfern. Mein Vorschlag: Besorgt euch wieder 'ne alte Möhre, die stinkt und ordentlich Krach macht. Ich wette: Auch die Kids in der Nachbarschaft finden das wesentlich spannender als das Akustikdesign der BMW GS.
Propeller Bernhard
Zunächst möchte ich vorausschicken, dass auch ich schon zwei BMW-GS-Modelle besaß.
1998/99 fuhr ich eine R 100 GS Solo und 2000/2001 eine 1150 GS als Gespann. Nie würde mir das heute noch in den Sinn kommen. Die Frage nach dem Warum wird sich weiter unten klären. Verständlich, so hoffe ich. Hier und im Jetzt ist es Zeit, Zeit für den
BMW-GS-Hasser-Artikel.
BMW hat es geschafft. Fast zumindest. Die Bayerischen Motorradwerke haben die eierlegende Wollmilchsau auf zwei Räder gebaut: Die BMW 1200 GS. Wird die BMW GS von Testern der Motorradpresse gefahren, strömen die Superlative nur so aus ihren Beiträgen heraus. Ebenso, wenn sich die allgegenwärtige BMW GS mit anderen Motorrädern im Vergleich messen muss. Keine kann es besser! Mir hängt es zum Hals heraus, ich kann es nicht mehr hören, mir wird's schlecht.
Natürlich schmiert BMW die Druckmaschinen der Buntblattpresse auch mit entsprechenden Werbeanzeigen. Dagegen kann man nichts sagen. Das ist ein normaler Vorgang, und wäre die BMW GS ein schlechtes Motorrad, würden auch die größten Anzeigenkampagnen nur mäßigen Erfolg haben.
Doch ihr fragt jetzt sicher, was will er denn? Dann hat doch alles seine Richtigkeit? Beileibe nicht! Kaum wage ich mich am Wochenende auf meine Leib-und-Magen-Strecken, kommen sie mir aufgehübscht, schön einheitlich und oft im halben Dutzend entgegen: Die BMW GSen. Die Fahrer: natürlich alles Individualisten. Auf Motorrädern mit untadeligem Motor und Super-Fahrwerk fahren sie dem Sonnenuntergang entgegen.
Vielleicht ahnt der eine oder andere schon, auf was ich hinaus will. Kann man kein Spießer sein, wenn man BMW GS fährt? BMW ist es gelungen, die Individualität in die Hirne der GS-Fahrer zu transformieren. Respekt! Ist das nicht zu bewundern, mit einem einheitlichen Produkt Individualität glaubhaft zu machen?
Top 10 Modelle Krafträder – bis Jan.-Juli 2010 (Quelle: KBA)
1. BMW R 1200 GS 4.524 Stück
2. Yamaha XJ6 1.819 Stück
3. Honda CBF 600 S 1.778 Stück
4. Kawasaki ER-6n 1.720 Stück
5. BMW S 1000 RR 1.705 Stück
6. Suzuki GSF 1250 BANDIT 1.663 Stück
7. BMW F 800 R 1.652 Stück
8. BMW F 650 GS 1.187 Stück
9. BMW F 800 GS 1.147 Stück
10. Suzuki SFV 650 GLADIUS 1.111 Stück
Im selben Atemzug des Lobes über das individuelle Erleben mit dem genialen Einheitsmotorrad BMW GS hört und liest man allerorten die bestürzende Klage: Die jungen Leute haben keinen Bock auf Motorrad. Schlimm, echt schlimm! Und warum?
1974, als ich begann, auf mein erstes Fahrzeug zu sparen, war dies kein Audi 50, Opel Kadett oder Ford Taunus. Ihr könnt es euch denken, es war ein Motorrad – von dem mir mein Vater dringend abgeraten hatte. (Heute sind die Spießerschaukeln der 1970er Kult.)
Nicht nur, dass die mustergültige BMW GS den Niedergang des Motorradinteresses massiv beschleunigt, es geht einher mit einem Verlust an erlebten Geschichten. Wo sind sie denn, die BMW-GS-Schraubergeschichten? Es ist die Frage nach dem Salz in der Suppe. Natürlich mag auch an der neuen BMW GS etwas kaputt gehen, doch der Motorrad-Fahrer, der jetzt Biker heißt, weiß in solch einem Fall bestenfalls zu berichten, dass er genau am Ort des Defekts in einem Funkloch stand und 300 Meter schwitzend auf einen Hügel klettern musste, um den ADAC zu kontaktieren.
So gesehen, steht die BMW GS für die ganze neue Generation von Motorrädern, die bestenfalls noch dazu taugt, die Gelenke alternder Motorradfahrer zu schonen. Ich finde, man sollte den Begriff „Rollator“ durchaus weiter fassen. Die Generation der 40- und 50jährigen hat bereits vor Jahrzehnten die erlebte Faszination beim Fahren im Kopf verankert, so dass sie meinen, mit der fantastischen BMW GS wäre es wie damals. Mitnichten! Es ist lediglich Erinnerung.
Ein Motorradanfänger (wenn er's denn wäre) hat keine Motorradvergangenheit. Bei den Jungen funktioniert das Erleben noch im Hier und Jetzt. Das ist der Grund, warum die schöne Welt der BMW GS für sie nur motorradgewordenes Spießertum mit alternden Säcken darstellt.
Gerade die älteren Motorradfahrer, die sich motorradmäßig eigentlich nichts mehr beweisen müssen (Ausnahmen bestätigen die Regel), sollten ihr Hirn und damit ihre Einstellung nicht schicksalsergeben auf der Kuschelsitzbank der BMW GS opfern. Mein Vorschlag: Besorgt euch wieder 'ne alte Möhre, die stinkt und ordentlich Krach macht. Ich wette: Auch die Kids in der Nachbarschaft finden das wesentlich spannender als das Akustikdesign der BMW GS.
Propeller Bernhard