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Forum des Laverda-Register zum Austausch von Erfahrungen!

Moderator: Jürgen W.

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FRRRanky
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Beitrag von FRRRanky »

Drei Jahre ist es her, da war sie zum ersten und letzten Mal im Einsatz.
Beim Internationalen Laverdatreffen des Club Frankreich in den Ardennen.
Damals staken noch 39 cm Stahl im Oberschenkel, drueckten peinvoll auf irgendeinen bloeden Nerv im Hintern. Meine damalige Partnerin half, beim Aufsitzen das Bein ueber die Sitzbank zu hieven. Der Fuss wurde mit der Hand auf die Raste gestellt.
Es war ein tolles und anstrengendes Treffen, aber irgendwie hatte ich nicht viel von der GT und sie nicht viel von mir.
Seitdem stand sie sich nur noch die Reifen platt.

Drei Jahre spaeter: wieder einmal spiele ich mit dem Gedanken, fuer die Demonstrationslaeufte bei den "CML", den Coupes Moto Legende in Dijon, eine Bewerbung abzugeben.
Aber sie, die GT, steht noch in Belgien, und ueberhaupt, das zusammengebastelte Stueck mag ja recht "interessant" sein, aber den strengen Kriterien der Kommission wohl wenig entsprechen.
Und als die GT im Maerz endlich nach Germanien ueberfuehrt ist, sind die Serien eh schon ausgebucht.
Also wieder ein Jahr verschoben.

Vor drei Wochen: ueber den Mailverteiler der "Classic Racing Motorcycle Belgium"-Vereinigung kommt eine Nachricht.
Ein Hollaender gibt seine Einschreibung ab, seine Rickmann-Triumph ist nicht fertig.
Ich maile ihn an, es folgen ein nettes Telefonat, ein International Bank Transfer und ein paar Tage spaeter das Kuvert mit den Unterlagen.

Ich werde als Eric Boelen auf einer "Ersatzmaschine" bei den CML in der "Serie J": Rennmaschinen und "Modifizierte" ab 175 ccm bis Baujahr 1976 fahren.
Ich kanns nicht fassen.
Einfach nicht fassen.

Fahren... ist die GT ueberhaupt fahrbereit? Der Kupplungsgriff baumelt in der Luft (Lothar, Du erinnerst Dich) und der Motorhaltebolzen steckt seit "Der Mosel" in Bernhards (aka "Propeller") SF, die Tankentlueftung fehlt und die vordere Trommel beduerfte doch dringend vernuenftiger Belaege.
Aber zum Suchen oder Umbauen ist die Zeit zu kurz, Batterie an den Lader haengen, Krad in den Bus verladen, ein paar Tomaselli Armaturen reingeworfen.

Freitag 14 Uhr Abfahrt direkt von der Arbeit. Nach gut 500 km Ankunft kurz nach halb acht in Dijon-Prenois. Die Kollegen vom Club de France sind schon da und haben das Zelt aufgebaut.
Nach dem Willkommensbier wird der Werkzeugkasten ausgepackt. Kupplungsarmatur tauschen: Bingo, Passt.
Die GT ist jetzt seit ein einhalb Jahren nicht mehr gelaufen, d.h. Schwimmerkammern abschrauben, Staub rausblasen.
Die Club-Freunde gurgeln Bier und gucken unglaeubig: "Und Du willst morgen wirklich _damit_ fahren? T'es optimiste!!!"
Werden ja sehen. Benzin rein, Benzinhahn auf. Starter drehen.
Vvvvvvvvvvvvejvejvjvej..... veijjjhhhhhhhveijveijvej.....
Hm!
Das unglaeubige Gucken der "Meute" weicht dem "das war ja zu erwarten"-Blick.
Einer meint: schalt doch mal das Licht aus.
Eigentlich macht das der GT nichts, aber, hmmmmm, das neben dem Lichtschalter, war das nicht der Kill... muss der nicht anders stehen....? Mal probieren ....

vei---viejveijjjjveijjjjjj VRAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAAA

Der "das war ja zu erwarten"-Blick weicht nun wiederum noch unglaeubigerem Staunen, waehrend das Megaphon wolluestern Gasstoesse in die anbrechende Nacht bruellt.
Endlich ist Zeit fuer ein Bier. Oder einen Rotwein. Oder Weisswein. Oder Pastis. Oder Whiskey. Oder Calva ... oder .... oder....
Die Club-Bar ist gut gefuellt und es gibt so viel zu erzaehlen, wie soll man den Ueberblick ueber die Zahl der Getraenke behalten?
Am naechsten Morgen brummt der Schaedel mehr als gut ist, die Beine wackeln, aber das Mopped muss zur Abnahme.
Unter leichtem Schwindel den 3/4-Kilometer Schotterweg mit schleifender Kupplung zur Anmelde-Box fahren.
Auauau, wenn das mal gut geht.
Geht es.
Die technische Kontrolle ist schnell gemacht, ein paar Hinweise, ja, ok, wird noch geandert, dann sucht der Pruefer in der Liste der Motorraeder, nickt.
Ich will schon erleichtert rausschieben..... "Un moment, il y a un probleme! In der Liste steht eine Trident, und das ist keine!".
Ich versuche - wohl ziemlich schlecht, Franzoesisch mit hollaendischem Akzent zu imitieren "ah, moto de remplasssement", Ersatzmotorrad.
Ueber des Pruefers Lippen zuckt ein kaum merkliches Grinsen. Wir wissen beide Bescheid. Er nickt : OK!
Ich bin jetzt Eric Boelen und fahre eine Laverda in der Klasse J, Classic-Racer bis 1976, Startnummer: 999.

Eine Stunde bis zum Start. Benzin holen, Hauptstaender abmontieren....Scheisse! Der Motorhaltebolzen!!!!!
Das wars, die erste von drei Serien faellt somit flach.
Ist vielleicht besser so, denn das Oberstuebchen ist alles andere als klar...
Der naechste Start ist erst kurz vor sechs Abends, damit ist Zeit, den Teilemarkt nach Bolzen zu durchsuchen, in Ruhe vorzubereiten und die Birne vom Restalkohol zu befreien.
Eine Stunde vorher faengt das Adrenalin an zu steigen. Der Kopf ist laengst schon auf der Piste, Gespraeche dringen nur noch unterschwellig ins Bewustsein.
Dann gehts los. Einstieg in die Kombi, Helm und Handschuhe, Motor an.
Hinter Bernards "Shakos" 1000er Racer geht's zum Vorstart.
OH SHIT!!!
Was da steht! Benelli, Rickmann, Seeley, Spondon, TZ..... ueberall blitzen gedengelte Megaphone aus Vollverkleidungen hervor.
Mitten drin die Bastel-GT, ich glaub, die einzige "nackte".
MEINE FRESSE, IST DAS GEIL! Zofall un ej besche Gloeck, NIE UND NIMMER haette die Kommision die GT dort akzeptiert!
Dem Publikum uebrigens scheint sie recht zu gefallen und soundmaessig kann sie eh mithalten. Die italienische Selbstbau-2-1 hat ihren ganz eigenen Klang: brutal, dreckig, unglaublich viril.
Nach ewigem Warten geht das Tor zur Piste auf.
Ich trete in den "ersten" Gang rein, wie ein Trekker nimmt die GT langsam Fahrt auf. Hatte ich etwa das Schaltschema umgedreht....?
Ach ja! :)
Bernard "Shakos" hat mir vorher ein bischen ueber den Kurs erzaehlt: schnell sei er, die erste rechts nach Startziel ginge voll.
Entsprechend optimistisch fahre ich die "erste Rechts" an : ARGL, wo ist die Strasse hin!? BREMSEN BREMSEN BREMSEN. Aber da bremst nix!! Zumindest nix vorne, zum Glueck finde ich die Hinterradbremse. Die Kurve verschwindet hinter einer Erhoehung und blind konnte ich noch nie reinhalten, also den Rest des ersten Turns ganz gemaechlich "ausspaehen". Der Kurs ist alles andere als "sehr schnell", aber er ist sehr reizvoll, schoene, variierende Kurvenkombinationen, mal nach aussen abfallend, mal abschuessig anzubremsen oder in Schraeglage ueber eine Kuppe, aber ohne fiese Gemeinheiten, und wirklich schnell zu lernen.
Langsam steigert der Rhythmus. Das erste Problem triff auf: Hoch schaltet sich die Kiste wie Butter, aber Runterschalten vor Kurven funktioniert nur 1/3 der Versuche. Schaltklaue verstellt. Fehlende Vorderrad- UND Motorbremse aber vermasseln jegliche Kurvenanfahrt. Ueberhaupt nimmt der Kampf mit der Schaltung so viel an Konzentration in Anspruch, dass fuer ein zuegiges Einfahren wenig uebrig bleibt.
Nebenbei hoppert und flattert die Gabel, die Kombination Reifen/Reifendruck/Gabeldaempfung passt wohl ueberhaupt nicht. Die BT45 sind forumskonform auf 2,6 aufgeblasen, Bernard aber faehrt auf seiner Tausender vorne und hinten 1,9! Und zieren seit "Der Mosel" die Auswuchtgewichte nicht die Felgen von von Jens GT?
Bei peu a peu steigendem Tempo bleibt das Gabelhoppeln konstant wenn man den Lenker nur leicht daempfend haelt und gegen Ende des Laufs raspelt schliesslich der Auspuff.
Ach Herrgott, uebernaupt dieses primaerkettenheulende, Steigungen hochbruellende Viech. Unter seinen harten Vibrationen versagt der Augen Fokus, legen sich Schleier wie dichter Nebel vor die Fahrbahn. Stark gekroepfte Stummel respirieren Sarinnens Hauch und lassen erstaunliche Vorderadpraezision und federleichtes Abwinkeln in die Kurven zu. Die Laverda faehrt exakt dahin wohin sie dirigiert wird. Faszinierendes Eisenschwein, das Du einmal in Fahrt, danach schreit, zur Fahrmaschiene zu werden.
Trotzdem bin ich erleichtert nach 20 Minute die Schwarz-Weisse zu sehen. Wie haben sie damals 24 Stunden ueberlebt?

Diesen Abend bleibt das Hochprozentige in der Flasche. Denn der naechste Turn ist um 9:25 morgens.
Nachts mehrmaliges Aufwachen, es regnet. Und regnet. Und regnet. Der 8-Uhr Wecker wird mit missmutigem Umdrehen im Schlafsack bestraft. Regengraeue. Hundewetter. Ohne mich.
Eine 3/4 Stunde spaeter: rauspellen, denn die anderen sind beim Fruehstueck, wenn schon nicht fahren, dann wenigsten Geselligkeit.
10 Minunten spater, knapp vor neun: was war das? Ein schuechterner Sonnenstrahl? Die Wolkendecke: bricht sie nicht hier und dort ein Stueck auf? Und die Piste: trocknet die nicht ab?
Express-Brioche. Cafestuerzen. Tshirt-Socken-Kombi-Stiefel-Handschuh-Helm-Hektik. Noch 10 Minuten. Motor an, die "Boxencrew" klappt die Staender weg. Los.
Parc ferme, das Tor gibt die Zufahrt frei, dolce, dolce - Reifen und Motor waermen und die feuchten Stellen auskundschaften.
Aber die sind nach der zweiten Runde abgetrocknet: GAAAAAS! Und es laeuft. Immer schneller, immer besser. Erste Ueberholmanoever. Erstaunt stelle ich fest, dass meine Einlenkpunkte wesentlich spaeter als bei den meinsten Fahrern liegen und ich mehrere male innen durch komme. Andere hingegen fliegen im Tiefflug vorbei, dass es nur so kracht, Cochones, verbunden mit 30 PS mehr, 100 Kilo weniger und: Bremsen! Zwar arbeitet die Grimeca-Trommel jetzt geringfuegig besser, doch beim Abbremsen bergab schiebt der Koloss unbaendigbar in die Kurve. Die Schaltvorgaenge sind nach wie vor Zufallsprodukte, ihre Reduzierung auf ein absolutes Minimum kostet zwar Geschwindigkeit auf den Geraden, bringt aber endlich die saubere, fluessige Linie. Kampffieber stellt sich ein. Jegliche Ermuedung - weggeblasen. Im Sinnenrausch entschwunden - die Umwelt. Am Hinterrad kleben, beobachten, attackieren, vorbei, und wenn nicht, dann beim naechsten Versuch. Mitten in das Zeitvergessen schwenkt die Drapeau Damier, unerwartet, unerwuenscht, reisst einen aus dem Strudel, in dem man sich dreht, weiter dreht, weiterdrehen moechte, immerfort, immerzu....


Franky

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Re: * 999 *

Beitrag von Laverdalothar »

Mein Gott - einfach herrlich!!! :shock:
LG

Lothar

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toro
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Re: * 999 *

Beitrag von toro »

klasse!!!!!!!
war auch dort. auch für mich ein super wochenende (obwohl ich nicht gefahren bin!). nächstes jahr wieder!
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Sigi
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Re: * 999 *

Beitrag von Sigi »

klasse Bericht, du hättest Schriftsteller werden sollen.

Gruß
Sigi
rainer
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Re: * 999 *

Beitrag von rainer »

Hallo Franky,

kannstenichnefortsetzungschreiben?

Fesselnder Bericht, der Verlangen nach mehr macht.

Weil es sich so spannend liest kann ich mir vorstellen, dass so einige gerne ähnliches erfahren möchten.
Wärs denkbar, wir treffen uns alle ( soweit möglich ) mit unseren Schätzchen und Fanky fungiert als Instruktor auf woauchimmerStrecke
( abgesperrt )?
Ich bin zwar schon UHU, hätte aber gut Lust zu so etwas.
Was meint Ihr denn?
Zum Einen was fahren ( dazu ) lernen, zum Anderen ein nettes Treffen des Registers.

Gruß aus Berlin

Rainer
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Gerald
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Re: * 999 *

Beitrag von Gerald »

Hallo Franky,

kannstenichnefortsetzungschreiben?

Das sehe ich genau so!

@Rainer

Franky hat schon ein Treffen mit super Strecke organisiert :D
Wiederholung hoffentlich nicht ausgeschlossen :wink:

Gruss
Gerald
rainer
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Re: * 999 *

Beitrag von rainer »

Hallo Gerald,

ja, Euer Treffen mit Moselblick...

Ich dachte aber eher an eine abgesperrte ( Rund)Strecke, wo keiner entgegen kommt :wink:

Gruß aus Berlin

Rainer
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Laverdalothar
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Re: * 999 *

Beitrag von Laverdalothar »

Hi Rainer,

das war eigentlich der Auslöser für unser erstes Treffen vor 2 Jahren (Gott - ist das schon sooo lange her?!?). Wir wollten damals mit einigen Leuten auf den Nürburgring.

Nachdem mir aber viele Beteiligte abgeraten hatten ("Denk an die Gefahr, die Verantwortung!! Wie willst Du das versicherungstechnisch abbilden?!?" etc.) hab ich davon abstand genommen.

Nach dem die Bella Donna in Trier die japanischen Vergaser Rodeo-gleich abgeschüttelt hatte, ist der Rest ja noch nach Bonn gefahren. Auf dem Weg da hin hat sich eine Gruppe (Andre & Jens - noch wer??) noch Richtung Nordschleife aufgemacht - leider wie gesagt OHNE mich... grrr....

Vorschlag ist gut, sollte aber mit einem offiziellen Programm und Instruktor gemacht werden.

LG


Lothar
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Lothar

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Trainings mit LAVERDA's

Beitrag von Urs »

..der LCS bietet schon seit längerem mehrere Daten für Trainings an! 8)
Siehe bei:
http://www.laverdaclub.ch/programm/PluessAdR07_02.pdf
Steht allen Laverdisti offen!
Baldige Anmeldung notwendig! Auch für Erstlinge geeignet!

Beste Grüsse
Urs
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Laverdalothar
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Re: * 999 *

Beitrag von Laverdalothar »

Hi Urs,

das juckt mich schon seit Jahren, leider passt es zeitlich nie. Am 15. September haben wir ca. 70 Gäste im Haus, da wird es schwer eine Entschuldigung zu finden...

Nächstes mal dann hoffentlich aber!!

LG


Lothar
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Lothar

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